Na, kommen Ihnen die Bilder auch bekannt vor? Richtig, es handelt sich um das selbe Zimmer in dem sich die Anlagen Hanullingen und Gräfenstein befanden. Auch die Segmentkästen wurden teilweise übernommen. Doch wie kommt es, dass hier schon wieder eine Modellbahn entsteht? Die Erklärung ist einfach: das Zimmer wurde als Gästezimmer benötigt und ist jetzt wieder frei, weshalb sich die unvermeidliche Frage nach dem Konzept stellte. Dieses mal will ich die Anlage so einfach wie möglich halten, denn es ist so gut wie sicher dass ich in den nächsten Jahren umziehen werde. Aufmerksamen Lesern die sich meine anderen Anlagenbauberichte durchgelesen haben wird nicht entgangen sein, dass ich keinen Wert auf Rangierbetrieb lege. Ich will Züge fahren sehen, und das darf völlig sinnbefreit im Kreis sein, eine An-der-Wand-Anlage ist deshalb auch hier wieder die beste Wahl.
Ursprünglich wollte ich einen offenen viergleisigen Schattenbahnhof auf der einen Seite und auf der anderen den durchgestalteten Landschaftsteil. Das war mir dann aber doch zu langweilig und ich entschied mich für einen Kompromiss: ein Vorstadtbahnhof der an einer eingleisigen Strecke liegt, die zwei sich kreuzende Hauptstrecken verbindet, übernimmt die Funktion des Schattenbahnhofs. Doch wo ist da der Kompromiss? Der liegt darin dass ich auf Details wie Signale, Weichenlaternen oder Grenzzeichen komplett verzichte. Ich kann deshalb die PECO Code 100 Weichen und Gleise des Schattenbahnhofs der Vorgängeranlage mit ihren relativ steilen Weichen und dem klobigen Schienenprofil verwenden, denn darauf kommts dann auch nicht mehr an.
Auch sonst werde ich so viel vorhandenes Material wie möglich verwenden.
Let It Snow
Ja Sie haben richtig gelesen, statt Sommer Palmen Sonnenschein gibt’s diesmal eine dick verschneite Winterlandschaft, und das hat mehrere Gründe: zum einen finde ich den Winter mit viel Schnee einfach schön, und zum anderen werde ich mir damit viel Arbeit sparen. In diversen Publikationen ist immer wieder zu lesen dass eine Winterlandschaft sehr viel aufwändiger zu gestalten ist als eine Sommerszene. Dem muss ich nach dem Bau einiger Winterdioramen entschieden widersprechen, denn auf den Schnee kommt es an! Mühsam aufgespachtelt wird es sicher länger dauern, aber nicht mit meiner bestens bewährten Methode: bei mir rieselt der Schnee in Form von simplen Babypuder wie im echten Leben von oben auf die Anlage. Nur die Gleisanlagen bleiben puderfrei damit die Getriebe der Lokomotiven keinen Schaden nehmen, hier muss weiße Abtönfarbe genügen. Um die Wirkung zu testen habe ich ein kleines Probestück mit einem eingeschotterten Gleis gebastelt. Anschließend wurde ein Teil mit Farbe behandelt (Bild 1), dann abgedeckt und eingeschneit (Bilder 2 und 3). Auf der rechten Seite habe ich den Puder mit einem Pinsel weitgehend entfernt (Bild 4). Optisch überzeugt der rechte (komplett eingeschneite) Teil weitaus mehr und es ist auch kaum mehr loser Puder vorhanden der aufgewirbelt werden kann, zur Sicherheit werde ich trotzdem wie im linken Teil zum Pinsel greifen. Aus Augenhöhe betrachtet sieht das Ergebnis gar nicht mal so schlecht aus (Bild 5). Bleibt noch die Frage wie lang der künstliche Schnee frisch bleibt ohne unansehnlich zu werden, schließlich sind Staub und Gilb die Feinde jeder Modellbahn und ganz besonders Weiß ist da sehr anfällig. Auch diese Frage kann ich positiv beantworten. Meine Dioramen zählen da nicht als Referenz, denn die sind staubdicht eingekastet, aber weil mich diese Frage schon länger beschäftigt habe ich vorgesorgt und bereits vor knapp vier Jahren ein kleines Diorama gebastelt, das ich offen in meinem Bastelzimmer „Wind und Wetter“ ausgesetzt hatte. Wie auf dem letzten Bild zu sehen, ist der künstliche Schnee noch frisch wie am ersten Tag.
Vom Schmuddelwetter...
Über den Aufbau der Landschaft habe ich schon ausführlich bei meinen anderen Anlagen berichtet, stellvertretend sei hier auf die SCHAUERBERG hingewiesen. Beim verwendeten Material habe ich sämtliche Kosten und Mühen gescheut und die Korkteile der Vorgängeranlage wiederverwendet.
Dass sich die Landschaft im Winter völlig anders präsentiert als im Sommer ist eine Binsenweisheit, das satte Grün ist einem fahlen Mix aus Braun und Grau gewichen. Eine überzeugende schneelose Winterlandschaft darzustellen, hat sich als schwieriger als gedacht herausgestellt. Besonders die feine Verästelung der Laubbäume war eine echte Herausforderung. Naturmaterial von Bahndamm zu verwenden ist eine Möglichkeit, aber nicht flächendeckend sinnvoll, in einer gesunden Mischung mit Seemoosästen aber durchaus überzeugend.Allerdings sollten die Seemoosästchen in einem Tauchbad aus verdünnter Abtönfarbe braun gefärbt werden. Die so „bebraunte“ Landschaft (begrünt ist sie ja nicht:-) sieht nun schon sehr nach typisch deutschen Winter aus. Trotzdem habe ich zusätzlich sämtliche Handarbeitsfichten der Vorgängeranlage aufgestellt und wäre froh gewesen wenn es noch mehr gewesen wären, denn nichts verbreitet mehr Weihnachtsstimmung und Winterfeeling als ein verschneiter Nadelwald. Meine Bedenken dass der Babypuder die Fichten dauerhaft ruiniert, haben sich zum Glück als unberechtigt erwiesen, bei einem Test konnte ich den Puder rückstandsfrei abklopfen. Auf die bei Sommerszenen üblichen langen Grasfasern habe ich bewusst verzichtet. In der Natur drückt echter Schnee das Gras durch sein Eigengewicht schnell platt, was bei den robusten Modellgrasfasern nicht der Fall ist und deshalb unrealistisch aussieht. Wer genau hinsieht, kann diesen Effekt bei einigen der Felsen erkennen, ich war zu faul die bereits bei der Vorgängeranlage aufgetragenen Grasfasern wieder zu entfernen, entsprechend seltsam sieht es jetzt aus. Weil sie sich deutlich über Augenhöhe befinden fällt es aber kaum auf.
...zum Winterwonderland
Bevor nun Frau Holle ihren Dienst verrichten darf, noch ein paar Worte zum Hintergrund. Bei meinen früheren Anlagen war die jeweils individuell gestaltete Hintergrundkulisse ein wesentlicher Bestandteil der realistischen Wirkung. Leider konnte ich keine überzeugende Kulisse mit verschneiter Landschaft auftreiben. Ich habe deshalb auf eine Kulisse komplett verzichtet und die Wände wie bei meinen Winterdioramen schwarz gestrichen. Das mag jetzt paradox erscheinen, vermittelt meiner Meinung nach aber eine bessere Winterstimmung als blauer Wolkenhimmel.
Zum Einschneien selbst gibt es nicht viel zu sagen, der Babypuder wird ganz unspektakulär wie oben beschrieben mit einem Sieb aufgetragen. Damit er an den filigranen Ästen der Bäume besser haftet, habe ich sie vorher mit Haarspray eingenebelt, die Fichten wurden von dieser Prozedur natürlich ausgenommen. Ein großer Vorteil dieser Methode ist die Möglichkeit, den künstlichen Schnee an bestimmten Stellen einfach wieder zur Seite zu schieben, Schneeschippen in 1:87 sozusagen. Die freigeräumte Straße ist hierfür ein gutes Beispiel.
Bis auf kleine noch fehlende Details wie die Bahnschranke samt Bahnwärterhäuschen, ist die Hälfte der Anlage nun pünktlich zu Weihnachten fertig. Es ist wirklich erstaunlich wie sich die Stimmung auf dem Anlagenteil von depressiv trist in romantisch weihnachtlich geändert hat, eine willkommene Entschädigung für den vor Weihnachten 2024 durch die Fernsehwetterfrösche angekündigten und zumindest bei uns im Flachland dann doch ausgebliebenen Schnee.
Landleben in der Stadt
Wie fast alle Städte ist auch Bad Spenzer nicht auf dem Reißbrett entstanden. Um den alten Stadtkern hat sich im Lauf der Zeit ein Speckgürtel gebildet der irgend wann (nach alten Chroniken war es gegen Ende des 19. Jahrhunderts) die umliegenden Dörfer erreicht hat, die dann auch schnell eingemeindet wurden. Das ist der Grund warum selbst heute noch mitten in so mancher Großstadt alte Bauernhäuser stehen, obwohl der nächste Acker kilometerweit entfernt ist. Häufiger kommt es vor, dass leider oft nur noch die mit „Dorf“ endenden Stadtteilnamen daran erinnern, dass hier früher eine von Wiesen und Feldern umsäumte bäuerliche Siedlung stand. Ende 1959 (in dem Jahr „spielt“ meine Anlage) war das noch anders, der Stadtrand und die ausgedehnten Anlagen der Bahn haben das beschauliche Großmöpsach zwar längst erreicht und auch die Eingemeindung ist schon länger her, aber der Ortskern ist noch weitgehend im ursprünglichen Zustand. Kurz vor Weihnachten hat es kräftig geschneit und auch wenn die alten Bauern der ehemaligen Selbständigkeit der Gemeinde immer noch nachtrauern, so hat es doch zumindest den Vorteil dass die Stadt die Straßen nicht nur ausgebaut hat, sondern auch regelmäßig räumt.
Obwohl ihm der nahe Wald längst nicht mehr gehört, hat Bauer Kleinlein wie jedes Jahr eine Fichte geschlagen die als Weihnachtsbaum zum Fest die Stube schmückt. Zum Glück hat ihn der Förster dabei nicht erwischt, sonst wäre der Baum teuer gekommen, worauf ihn seine Schwiegermutter auch prompt hinweist. Auch wenn es bereits dunkel ist, haben die Tankstelle und der Angelgerätehändler noch geöffnet. Viel ist nicht los bei dem Wetter und die meisten Angler warten sowieso auf das noch ferne Frühjahr, aber Fritz Obermaier hat sich in den Kopf gesetzt dass es zum Fest Karpfen gibt und sich deshalb eine neue Angelrute zugelegt. Drücken wir ihm die Daumen dass sich ein Fisch an seinen Haken verirrt und er nicht nur mit blau gefrorenen Fingern nach Hause kommt.
Es fehlen auch in diesem Abschnitt noch Details wie Brennholzstapel, Schneemänner und die obligatorische Schneeballschlacht der Dorfjugend, aber ich finde auch so ist die Stimmung der Anlage schon recht weihnachtlich. Mal sehen ob ich den Rest der Anlage bis zum nächsten Fest fertig bekomme.